Forschung am Katzenbuckel

Neues Anschauungsobjekt am „Weg der Kristalle“

Die Gunst der Stunde soll man nutzen. So sah man das auch am Waldbrunner Katzenbuckel, wo einer der typischen gerundeten Felsblöcke vom Seeufer auf die nächsthöhere Steinbruchsohle gehoben wurde, um ihn als Anschauungsobjekt am Naturpark-Pfad „Weg der Kristalle“ zu zeigen. Durch die frühsommerliche Trockenheit lag der Felsblock über dem Wasserspiegel des Katzenbuckel-Sees und konnte dadurch mittels Hebebändern befestigt und umgelagert werden, ehe er bei ansteigendem Grundwasser wieder „abgesoffen“ wäre.

 

So gingen im Auftrag der Gemeinde Waldbrunn der Geograph Michael Hahl, Initiator des Vorhabens, zusammen mit dem Forstunternehmer Peter Edelmann ans Werk, um den 300 Kilogramm schweren Stein für den Geotourismus zu sichern. Dabei kam ein schwerer Forstschlepper zum Einsatz. Der in die Hebebänder eingepackte Felsblock wurde über eine funkbetriebene Trommelwinde nach oben gehoben und an der Steilwand des aufgelassenen Steinbruchs etwa 20 Meter hoch gezogen. Auf der nächsthöheren Steinbruchsohle, wo der Geopfad des Naturparks Neckartal-Odenwald verläuft, konnte der Block dann direkt an eine der Tafelstationen gezogen werden.

Große, gerundete Felsblöcke entdeckte man während des bis 1974 andauernden Steinbruchbetriebs öfter und positionierte sie vereinzelt im Betriebsgelände oder am Waldkatzenbacher Dorfbrunnen; auch am Geologischen Lehrpfad in Buchen-Eberstadt befindet sich einer der markanten runden Steine vom Katzenbuckel. Ihre Entstehung führt man auf chemische Verwitterung zurück. Das magmatische Gestein wurde unterirdisch von Säuren zersetzt, die aus den Humusböden an Haarrissen und Klüften entlang sickerten. Dabei blieben ovale Blöcke als Verwitterungsreste zurück, die durch Erosion oder Steinbruchbetrieb freigelegt wurden. Mitunter weist das Gestein oberflächlichen Schalenbau auf, der auf Spannungsrisse aufgrund extremer Temperaturwechsel im Tag-Nacht-Rhythmus zurückgeht.

 

 

 

Dass solche rundlichen Blöcke tatsächlich innerhalb des Gesteinskomplexes entstanden sind, dokumentiert unwiderlegbar die Felswand im aufgelassenen Steinbruch am Michelsberg (an der Südostflanke des Katzenbuckels). Hier kann man ebenso gerundete Blockformen direkt im phonolithischen oder syenitischen Gestein vorfinden, nicht etwa in Tuffe oder andere vulkanische Lockergesteine eingebettet. Sie sind lediglich durch etwas stärker verwitterte Risse und Klüfte vom anstehenden Gestein getrennt, somit fraglos in situ - unmittelbar vor Ort - entstanden, also verwittert. Der These, solche rundlichen Formen seien als vulkanische Bomben zu verstehen, als pyroklastische Auswürflinge der explosiven Vulkanaktivität vor über 70 Millionen Jahren, muss somit zweifelsfrei widersprochen werden.

Wann dieser chemische Formungsprozess stattgefunden hat, darüber kann man nachsinnen; die einen werden die entsprechenden Klimabedingungen in den tropoesken Abschnitten des Tertiärzeitalters verorten, andere werden eine quartäre Entwicklung annehmen und darauf hinweisen, dass bei einer Entstehung vor gut und gerne 40 oder 50 Millionen Jahren von den einstigen "Kernsteinen", diesen runden corestones, gegenwärtig nicht mehr allzu viel übrig sein dürfte. Möglicherweise haben also chemische Verwitterungsvorgänge in den pleistozänen Warmzeiten und im Holozän ausgereicht. Dass auch die gesteinsoberflächliche Schalenbildung offenbar ein sehr junges Produkt sein kann, zeigt ebenfalls die Steinbruchwand am Michelsberg. Hier entdeckt man vereinzelt schalige Absonderungen direkt an Felspartien, die erst in den letzten Jahrzehnten, etwa seit 50 bis 100 Jahren, mit den Steinbruchspengungen freigelegt und der Insolationsverwitterung ausgesetzt werden konnten. Demnach können offensichtlich auch unter heutigen Klimabedingungen und unseren jahreszeitlich bedingten Tag-Nacht-Rhythmen mit starker Sonneneinstrahlung und nächtlichem Frost Spannungen in Steinen entstehen, die allmählich zur Schalenbildung führen.

Autor & Copyrights: Michael Hahl