Forschung zu einem Mühlenweiler

Historischer Streifzug im Unterhöllgrund

 

Nicht nur die Buntsandstein-Hochfläche, auch die tief eingeschnittenen Täler prägen den landschaftlichen Charakter des Hohen Odenwaldes; eines davon ist der Höllgrund im südlichen Teil des Mittelgebirges. Steile Klingen führen von der Waldbrunner Hochfläche bergab bis zum Talniveau des Höllbachs, der bald mit dem Reisenbach und dessen Vorfluter, der Itter, zusammenfließt, die wiederum in den Neckar bei Eberbach mündet. Der Quellhorizont, der den Höllbach in seinem Oberlauf speist, liegt auf knapp 530 m ü. NN bei Mülben, wo das Wasser zu einem See angestaut ist und einst über ein Mühlwehr talwärts geleitet wurde. Vom Ortsteil Waldkatzenbach führt die rasch abfallende Eisigklinge bis in den kleinen Weiler Unterhöllgrund hinab, die Scheuerklinge erstreckt sich von Strümpfelbrunn bis in den bachaufwärts liegenden Oberhöllgrund.

 

An den Talflanken des früher weiträumig gerodeten „hellen Grundes“ erzählen alte Lesesteinriegel und Trockenmauern, verfallene Bewässerungskanäle und steinerne Uferbefestigungen von historischer Kultivierung und unterschiedlichen Wirtschaftsweisen. Wie ein Taktschlag aus vergangener Zeit dreht sich im Oberhöllgrund noch ein Mühlrad, und zwar an der letzten von einst mehreren Getreidemühlen am Höllbach, welche für die Versorgung der Bauern auf den Hochflächen zuständig waren. Der Mühlenbau im Odenwald wurde von kirchlichen oder weltlichen Landesherren in der hochmittelalterlichen Rodungs- und Siedlungsphase vorangetrieben. Die Neuerrichtung einer Mühle war immer an eine landesherrschaftliche Konzession gebunden und der Müller hatte Abgaben zu leisten. Die Ertragskraft und das landwirtschaftliche Einzugsgebiet waren entscheidende Kriterien, um eine Mühlenkonzession zu erhalten.

 

Auf der Suche nach den siedlungs- und mühlengeschichtlichen Anfängen im Höllgrund muss man ein wenig großräumiger Ausschau halten, denn die Ursprünge der beiden Weiler müssen nicht zwangsläufig mit der Zwingenberger Herrschaft verbunden sein wie bei den nachbarlichen Dörfern auf der Hochfläche. So gilt als Siedlungskern im Itter- und Reisenbachtal eine Mahlmühle des Klosters Amorbach, die 1550 erstmals erwähnt wird und zu „Reyssenbach inn der Sondernawe“ lag, also im Bereich des heutigen Eberbacher Ortsteils Gaimühle. Diese Mühle war nicht am Höllbach gelegen, sondern etwas weiter talabwärts an der Reisenbach-Itter-Mündung. In einer noch älteren Urkunde aus dem Jahr 1474 wird der Verkauf der Burg Zwingenberg an Pfalzgraf Otto II. von Pfalz-Mosbach durch die Herren von Hirschhorn dokumentiert. Beurkundet sind darin auch Grundstücke im Höllgrund: Ein nicht namentlich genannter Müller war mit seiner Wiese zwar an die Herrschaft Zwingenberg zinspflichtig, mit seiner „Höllmühle“ aber musste er offenbar keine Abgaben an die Zwingenberger leisten. Die Überlegung liegt nahe, jene Getreidemühle am Höllbach könnte an das Kloster Amorbach zinspflichtig gewesen sein. Möglicherweise gehen die beiden Weiler im Höllgrund ebenso auf eine Amorbacher Gründung zurück wie die 1550 erwähnte Mahlmühle.

 

Im 17. Jahrhundert ist eine so genannte „Geyersberger Mühle“ als Zwingenberger Gründung am Höllbach belegt und im 18. Jahrhundert kam eine weitere Mahlmühle hinzu. Die „Holzners Mühle“ im Oberhöllgrund wurde 1832 erbaut und blieb im Besitz des Großherzogtums Baden, bis sie 1936 von der Familie Holzner erworben wurde und zwanzig Jahre später als Landgasthaus zu neuem Leben kam. Im Unterhöllgrund blieben Mahlmühlen noch bis etwa zur Jahrhundertwende um 1900 erhalten, dann baute man ihre Mühlräder ab und die Mühlgräben wurden zugeschüttet; zwei der alten Getreidemühlen werden heute noch als Wohnhäuser genutzt.